Ergänzungen zu Anton Heinrich, III.460
Im Gleimhaus in Halberstadt befindet sich ein Schriftwechsel zwischen Gleim und einem Anton David von Kleist, den die alte Familiengeschichte nicht kannte. Auf Grund dieses Schriftwechsels konnte Anton David als Sohn einer Schwester des Dichters Ewald Christian von Kleist identifiziert werden, die mit Anton Heinrich von Kleist, III. 460, Haus Krummensee, verheiratet und früh verwitwet war.
Der erste Brief, den wir heute kennen und der Anton David betrifft, stammt von der Mutter von Anton David vom 10. April 1759 an den Freund ihres Bruders, Ramler, der Lehrer an der Kadettenanstalt in Berlin war. Gemäß der Empfehlung ihres Bruders schickte sie ihm ihren Sohn als Kadetten.
Aus dem dritten Brief des Schwagers von Ewald Christian von Kleist, Herr v. Plötz, nach dem Tod des Dichters vom Dezember 1759 erfährt Gleim zum ersten Mal von dem Kadetten Anton David, und daß dieser auch bedürftig ist. Der Brief von Gleim an Anton David stammt vom 9. Januar 1760, den er einem Brief an Ramler beifügt, den er meint, auf den Neffen des gemeinsamen verstorbenen Freundes aufmerksam machen zu müssen. Er übersendet Anton David 10 Reichstaler unter Hinweis auf einen Kontakt mit dessen Onkel, Herrn von Plötz zu Stuchow. Er führt weiter aus, dass Anton David in die Fußstapfen seines Onkels getreten sei, der für das Vaterland gestorben und Gleims Freund gewesen sei.
Anton David bedankt sich mit Schreiben vom 15. Januar 1760.
In einem zweiten Schreiben vom 10.6.1763 aus Nauen teilt er mit, dass er eine Fähnrichsstelle erhalten habe. Da der Brief im Gleimhaus zwar dem anderen Brief zugeordnet ist, aber keinen Vornamen enthält, muss begründet werden, warum auch er von Anton David stammt. Dafür spricht zunächst, dass die Ernennung zum Fähnrich den Angaben in der Offiziernomenklatur im Geheimen Staatsarchiv (15. April 1764 Fähnrich b. Prinz von Preussen Nr. 18, den 28. April 1769 dimitt.) und den später erörterten Angaben aus dem Moskauer Militärarchiv über den Werdegang in der preussischen Armee entspricht. Wichtiger aber ist der eigentliche Zweck des Briefs, Auszahlung von Geld für die nun anzuschaffende Ausrüstung. Es geht dabei um Geld, das Gleim für die Mutter von Anton David aus ihrer Erbschaft nach ihrem Bruder verwaltet. Im PS. beklagt Anton David sich, dass er auf viele Briefe keine Anwort bekommen habe und hoffe, dass dies an der Post und nicht an Gleim liege. Da sich in Gleims Sammlung nur die beiden Briefe befinden, spricht alles dafür, dass die weiteren Briefe auf der Post verloren gegangen sind.
Fast 40 Jahre später schreibt der Dichter Heinrich von Kleist am 3. Juni 1801 aus Göttingen an Wilhelmine von Zenge: "...In Halberstadt besuchten wir Gleim, den bekannten Dichter, einen der rührendsten und interessantesten Greise, die ich kenne. An ihn waren wir zwar durch nichts adressiert, als durch unsern Namen: aber es gibt keine bessere Adresse als diesen. Er war nämlich einst ein vertrauter Freund Ewald Kleists, der bei Frankfurt fiel. Kurz vor seinem Tode hatte dieser ihm noch einen Neffen Kleist empfohlen, für den jedoch Gleim niemals hatte etwas tun können, weil er ihn niemals sah. Nun glaubte er, als ich mich melden ließ, ich sei es, und die Freude mit der er uns entgegen kam war unbeschreiblich. Doch ließ er uns nicht empfinden, als er sich getäuscht, denn alles, was Kleist heißt, ist ihm teuer..." Vollständiger Text
In der Kommentierung von Müller-Salget/Ormanns (Briefe von und an Heinrich von Kleist 1793 - 1811) zu dieser Passage in diesem Brief wird folgendes ausgeführt: "August Sauer zufolge handelte es sich um Ewald von Kleists Lieblingsneffen David Anton von Kleist, den Gleim sehr wohl 'mit baarem Gelde' unterstützt habe" (S. 793). Die Umkehrung der Vornamen beruht auf einem Fehler bei Sauer ( I S. LXV ).
In dem Index der 3-bändigen Sammlung von August Sauer "Ewald von Kleist's Werke", Berlin, 1881/ 1882 (Nachdruck Bern 1968) wird Anton David nur in der Einleitung im Zusammenhang mit den Gleim-Briefen erwähnt. Die entscheidende Passage ( I S. LXV ) heißt: ".., den Lieblingsneffen des Dichters, den dieser ihm besonders empfohlen hatte, unterstützte er mit baarem Gelde. Die Dankbriefe sind in Halberstadt noch vorhanden." Zwei andere Neffen, Söhne von zwei Schwestern, die in andere Familien geheiratet haben, werden an 3 Stellen auch in den Briefen an Gleim erwähnt. Potsdam 7. Sept. 1755 ( I S. 296) : "Ich habe nun auch zwei Neveux bei mir; der eine, ein junger Manteuffel, ist bei unserm Prinzen, und der andere, ein junger Plötz, beim Prinzen Ferdinand vom Hause Page. Ich mag nun noch was leben, weil ich sehe, daß ich schon den armen Meinigen nützlich sein kann; sonst - - - Es sind ein Paar recht gute Jungens und ich habe sie lieb wie meine Kinder. Sie werden sie auch lieb haben, wenn Sie den Winter in Berlin sehen werden. Den jungen Manteuffel werden Sie wenigstens lieb haben; denn er sieht mir sehr ähnlich. Wenn ich einmal werde todt sein, so können Sie mich noch in ihm sehen." Brief vom 5. April 1756 an Gleim (II S. 320): "Hat mein Neveu das Glück gehabt, Sie zu sprechen? Sie werden in ihm mein Ebenbild gesehen haben, wenigstens mein Ebenbild, als ich jung war. Er hat einen Bruder, der mir noch viel ähnlicher sehen, der ganz ich sein soll. Ich wünsche ihnen mehr Glück als ihrem Oncle. Sie sollen den Zweiten auch einmal kennen lernen, damit Sie sich meiner erinnern, wenn ich todt bin, und die beiden Jünglinge, die mein Gesicht geerbt haben, sollen auch meine Liebe zu Ihnen erben; ich will sie ihnen in meinem Testament injungiren. Aber ich will ihnen auch einbinden, daß sie meinem liebsten Gleim nicht Mißvergnügen wie ich, sondern lauter Vergnügen machen." Brief vom 10. Dezember 1758 an Gleim (II S. 542): "Meine beiden Neveux leben gottlob und sind frisch und gesund, ob sie gleich bei Weißenberg ihre Equipage verloren haben. Manteuffel ist Lieutenant beim Grenadier-Bataillon Unruh und Plötz Lieutenant bei Ferdinand vom Hause."
Die Schwester Juliane Sophia Sabina des Dichters Ewald Christian
war mit Balthasar Heinrich von Plötz auf Stuchow und Medewitz verheiratet, der
nach dem Tod von Ewald Christian in einen Schriftwechsel mit Gleim trat. Anton
David (von Kleist) kann nicht der Sohn eines Bruders des Dichters sein. Das Haus Zeblin, dem
der Dichter Ewald Christian angehört, stirbt mit dem Tod seines einzigen Bruders
aus, weil dieser unverheiratet war. Anton David kann diesem Bruder also nicht
zugeordnet werden. Andererseits war eine Schwester des Dichters, Margaretha Ludovica Loysa mit einem Kleist, mit Anton Heinrich, verheiratet,
der nach den Angaben der Familiengeschichte bereits um 1742 starb. Nach den hier
dargestellten Informationen dürfte das Todesdatum mehrere Jahre später liegen. Die
Familiengeschichte kennt von Anton Heinrich nur einen Sohn Carl Heinrich
Christoph. Die Informationen über die familiären Verhältnisse des Anton Heinrich
sind allerdings begrenzt, da auch nähere Angaben über die Töchter fehlen.
Auch wenn eine Erwähnung von Anton David in den von Sauer ausgewerteten Briefen
von Ewald Christian fehlt, so gibt es Erwähnungen seiner Mutter: Brief an Gleim
von 1758 (Sauer II S. 491): "Diese 100 Rth. schcken Sie, wofern ich sterbe oder
todtgeschossen werden sollte, an meine Schwester Douarière de Kleist née Kleist
á Conitz, p. Stargard et Neuen-Stettin. Ich wollte, daß ich sie Ihnen lassen
könnte, mein Liebster, allein Sie haben viel mehr wie die Meinigen, die fast
Alle arm sind, und solche Kleinigkeit kann Ihnen nichts helfen." Brief an
Gleim vom12. März 1759 (Sauer II Seite 551): " Die 80 Rthl. Zinsen bitte ich
nebst einliegendem Briefe auf die Post zu geben; ich bin sie meiner Schwester
schuldig. Doch thun Sie dieses nur in dem Falle, wenn die Posten sicher gehen;
sonst bitte ich, sie zu behalten und sie zu Capital zu schlagen. Die Post muß
einen Schein an Sie geben, das versteht sich". Anmerkung dazu von Sauer: "Der
Schein über diese Sendung, an Mad. de Kleist nach Konitz am 21. März
ausgestellt, liegt dem Brief bei".
Die Klärung der Zuordnung von Anton David bringt der Schriftwechsel zwischen Balthasar Heinrich von Plötz und Gleim, der im Gleimhaus in Halberstadt aufbewahrt wird und nicht veröffentlicht ist. Gleim schreibt am 3. Dezember 1759 an Plötz: "Hingegen könnte ich wohl einmahl die Freude haben die .. Neveus meines Freundes hier, oder zu Berlin, wohin ich oft reise, zu sehn. Die Ursach warum ich mich nach Deroselben erkundiget, war, weil einer derselben im Jahr 1756 mich besuchte, bey welcher Gelegenheit der Seelige folgendes in einem Schreiben vom 5ten April 1756 einfließen ließ
Hat mein Neveu das Glück gehabt Sie zu sprechen? Sie werden in ihm mein Ebenbild gesehen haben; wenigstens das, als ich jung war. Er hat einen Bruder, der mir noch ähnlicher, der gantz ich seyn soll. Diesen sollten Sie auch einmahl kennen kernen, damit Sie sich meiner, wenn ich todt bin, nach..... können. Die Jünglinge, die mein Gesicht geerbt haben, sollen auch meine Liebe zu meinem Gleim erben; in meinem Testament will ich sie ihm fest aufbinden.
Würde es also für mich nicht eine große Freude seyn, wenn ich diese Lieblinge meines seel. Freundes sehen, und die Freundschaft, die mir mit ihm abgestorben ist, in ihnen wieder aufgelebet sehen könnte."
Plötz antwortet im Dezember 1759 u.a. "Es hat .... meine Schwägerin die verwitwete Frau von Kleist zu Conitz unter ihrekann nn Kindern zwey Söhne davon der älteste Anton David von Kleist itzo in Berlin bey .... des Caddets ist". Der Schriftwechsel zwischen Anton David und Gleim ist oben dargestellt.
Ob Anton David der "Lieblingsneffe" war, ist nach dem Briefwechsel von Ewald Christian nicht zu beurteilen. Er erwähnt nur sehr freundlich zwei weitere Neffen. Aber Anton David ist der einzige Neffe von dem wir von einer Empfehlung des Onkels wissen. Auf jeden Fall ging Gleim nach der Schilderung von Heinrich von Kleist davon aus, dass dieser Neffe ein Kleist, kein Plötz oder Manteuffel war. Anton David dürfte auch materiell bedürftig gewesen sein.Die Geschichte des unbekannten Neffen von Ewald Christian hat eine überraschende Fortsetzung,
die erklärt, warum er bei Erstellung der Familiengeschichte um 1880 unbekannt
war:
Mit Schreiben vom 25. Januar 1770 bittet ein Anton David von Kleist aus dem früher polnischen Teil Preussens um die Aufnahme in den Dienst in der Armee des Russischen Reiches ab 10.Februar 1770. Die Unterlagen befinden sich in einem Militärärchiv in Moskau.
Nach dem Vorgang ist er 1770 25 Jahre alt, also etwa 1745 geboren. Im Preußischen Militärdienst war er von 1758 bis zum April 1769,
diente in einem Infanterieregiment
ab 1758 - Kadett,
ab 1761 - Korporal,
ab 1763 - Fähnrich,
ab 1766 - Leutnant.
Die Angaben zur Ernennung zum Fähnrich passen zum Brief vom 10. 6. 1763, die Angabe zur Zeit als Kadett zu dem Brief von Plötz.
Ein weiteres russisches Dokument in diesem Zusammenhang bezeichnet einen Anton von Kleist als Sohn des Anton.
Ein Anton Kleist ist für 1795 und 1796 als Offizier im "Cherson leichte Reiter Regiment" aufgeführt. Amburger-Archiv Nr.70816
Anton ist 1805 gestorben.
13 | 460 Anton Heinrich | |||||
14 | 594 Carl Heinrich Christoph | 594.2 Anton David | ||||
15 | 722 Theodor Johann | 723 Anton Carl | 594.21 Jan | 594.22 Efim Antonovic | 594.23 Alexander | |
16 | 594.211 Eugen |
1816 werden die drei Söhnen des Anton Kleist (Oberstleutnant) in der Genealogischen Matrikel des Cherson Gouvernements verzeichnet, Jan (Kornett in 1816) , Efim
(Generalmajor in 1852) und Alexander.
Es gibt Dokumente über einen Anspruch des Stabs-Rittmeisters Jan Kleist zur
Erbfolge wegen eines
Teiles des Gutes nach dem Tod des preußischen General- Feldmarschall Graf Kleist von
Nollendorf. Nach Erzählung seines Vaters (Anton David von Kleist), sei Graf Kleist von
Nollendorf ein Bruder des Vaters oder der Sohn eines Bruders des Vaters.
Archivfond 405, Aufzählung 1, Akte 172, Jahrs 1823-1824. Seite 348.
Die Antwort aus dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten :
Graf Kleist von Nollendorf hat die Witwe, einen volljährigen Sohn und die verheiratete Tochter
hinterlassen, die
Erben sind.
Archivfond 405, Aufzählung 1, Akte 172, Jahrs 1823-1824.Seite 352-352(Rückseite).
Jan=Iwan wird aus dem Militärdienst
entlassen, weil er Bauern grausam behandelt habe.
Der Gutsbesitzer Kleist besaß das Gut
im Dorf Krinitschewataja des Kreises Elisawetgrad des chersonischen
Gouvernements,- sein Alter - 50 Jahre zum Januar 1821 oder geb. [1770], seine
Ehefrau Elena, ihr Alter - 34 Jahre zum Januar 1821 oder geb. 1786],
ihre erste Ehe mit dem Kapitän Lukashewitsch. Gutsbesitzer von Kleist und seine
Ehefrau Elena hatten zum Januar 1821 minderjährigen Kinder. Die
Ehefrau Elena hat sich nach der Anschuldigung der grausamen Behandlung von ihm
scheiden lassen.
Im Amburger-Archiv wird ein Efim Antonovic Kleist für die Zeit von 1849-1854 (Oberst, Generalmajor) aufgeführt. Dokument Nr. 70812
russische Wikipedia-Seite zu Efim Antonowitsch sein Wappen
(Stand 20.12.2010, ergänzt 25.08.2022)