Seminare der Bekennenden Kirche durch Pastor Bonhoefer
"Nach 1933 wurde das Seminar der Bekennenden Kirche in Stettin oder Umgebung 
aufgelöst, die Ausbildung wurde verboten. Die Vikare entlassen.
Pastor Bonhoefer und Mitarbeiter standen unter Beobachtung. Zum Glück gab es 
unter den Pfarrern und Kirchenpatronen aber viele Anhänger der bekennenden 
Kirche, und die Schüler Bonhoefers fanden nach der Auflösung bald wieder eine 
Stelle, wo sie sich sammeln konnten.
Herr und Frau v. Kleist-Retzow im Kreise Belgard waren die ersten, die die 
Vikare aufnahmen. Für einige Zeit war Sicherheit gegeben, und Pastor Bonhoefer 
konnte weiter unterrichten. Aber bald schien es, daß man schon wieder unter 
Beobachtung stand. Wenig später erschien die Gestapo und verbot erneut den 
Zusammenhalt.
Pastor Bonhoefer war in der Zwischenzeit aber schon dem Schlawer 
Superintendenten als Hilfspfarrer zugeteilt; sein früherer Mitarbeiter 
Superintendent Onnasch in Köslin als Hilfsprediger. In der Zeitung war seiner 
Zeit vom Verbot der bekennenden Kirche im Kreise Belgard zu lesen gewesen.
Pastor Jereschwitz in Groß Schlönwitz war Anhänger der bekennenden Kirche; ein 
tapferer Mann, der auf der Kanzel für seinen Glauben kämpfte. So hörten wir 
bald, daß die Vikare in Schlönwitz waren, und Pastor Bonhoefer konnte sie von 
Schlawe aus unterrichten. Wie oft haben wir ihn auf dem Fahrrad nach Schlönwitz 
radeln sehen, auch bei schlechtem Wetter und am frühen Morgen.
Wieder waren diese gehetzten Menschen für einige Zeit unter Dach. Aber wie 
lange? Von den Außenstehenden wußten nur wenige die näheren Umstände und diese 
schwiegen.
Aber irgendwie muß doch ein Lump die Pfarrer verpetzt haben. In ganz kurzer Zeit 
wurde Pastor Jereschwitz von Groß Schlönwitz nach Elbing versetzt. Er ist dort 
nach kurzer Zeit verstorben, ob eines natürlichen Todes, das wird von vielen 
Menschen, besonders aus seiner Gemeinde, angezweifelt. Er war ein kräftiger 
junger Mann mit Familie.
Wie der Umzug der Vikare nach Tychow vor sich ging, hat niemand gesehen, bei 
Nacht und Nebel. Sie waren schon einige Wochen in Sigurdshof, ehe ihr Dortsein 
durchsickerte.
Pastor Bonhoefer war meistens im Tychower Schloß, früh ging er zum Sigurdshof, 
abends kam er zurück. Die Hausdame wohnte im Tychower Pfarrhaus, sie ging über 
Tag zum Sigurdshof, um für die Mahlzeiten zu sorgen. Die Wäsche nahm sie mit zum 
Pfarrhaus und ließ sie dort waschen. Sie war eine ältere Witwe, ich habe mich 
oft mit ihr unterhalten, wenn wir uns auf dem Weg trafen.
Die jungen Vikare waren in ihrer Freizeit immer im Wald. So hatten sie auch bald 
unseren Hof gefunden, der nur l km entfernt am Walde lag. Wie oft haben wir uns 
mit den Vikaren unterhalten, sie waren eigentlich immer zuversichtlich, und 
gradlinig in ihren Ansichten, so daß man sie bewundern mußte.
Graf Kleist wußte von unseren Gesprächen mit den Vikaren; und Gräfin Kleist war 
um Fürsorge für die jungen Männer bemüht, denn Feuerung war nötig zum Heizen und 
zum Kochen; Kartoffeln und Gemüse mußten hingeschafft werden, und vieles andere 
- und das unbemerkt! Beide Kirchenpatrone, Graf Kleist-Tychow und Graf 
Zitzewitz-Zitzewitz haben viel für die jungen Vikare getan.
Im Sigurdshof konnte ihr Studium abgeschlossen werden, und als der Krieg 
ausbrach, wurden alle zur Wehrmacht eingezogen. Zwei Tage nachdem der letzte 
gegangen war, kam die Gestapo, konnte aber nur zurückgelassene Sachen an sich 
nehmen.
Graf und Gräfin Kleist konnten aufatmen, ebenso Bürgermeister Klatt, jeder 
glaubte, es gäbe noch ein Nachspiel, aber es blieb alles still. Wieviele von den 
Vikaren werden den Krieg überlebt haben?"
Minna Stüwe