Kleist-Bibliothek Dubberow /Dobrowo Herbst 2000

Text zu Ruth v. Kleist - Retzow

  Ruth von Kleist-Retzow, geb. Gräfin von Zedlitz und Trützschler
wurde am 4.2.1867 in Oppeln (Oppole) geboren als Tochter des Königlich preußischen Wirklichen Geheimen Rats Dr. h.c., Dr. Ing. Robert Graf von Zedlitz und Trützschler, Oberpräsident und Staatsminister auf Nieder-Großenborau (Borów) Kreis Freystadt (Kozuchów), Schlesien (Slask) und der Agnes von Rohr - Levetzow. Sie heiratete mit 18 Jahren Jürgen Christoph von Kleist-Retzow, Landrat des Kreises Belgard (Bialogard) auf Kieckow (Kikowo) und Klein Krössin (Krosinko). Nach 11 Ehejahren in Belgard, wo 5 Kinder geboren wurden, starb ihr Mann, und die noch nicht 30 jährige Witwe zog in das Gutshaus von Kieckow. Nach eindringlichem Zureden ihres Vaters entschloß sie sich, die Verantwortung für das Gut und die beiden Dörfer allein zu übernehmen.
Ruth von Kleist-Retzow war eine geistig ungewöhnlich lebendige und selbständige Frau. Sie lebte in Umbruchzeiten und versuchte, geprägt von einer jahrhundertealten Lebensform und Standesethik, diese mit den Herausforderungen der Moderne zu vereinen. Die patriarchalische Führung der Güter, die Verantwortung für die zum Gut gehörenden Dorfbewohner, der bescheidene Lebensstil, ein ausgeprägter Familiensinn, die pietistische Frömmigkeit - und die unbedingte Treue zum Kaiserhaus bestimmten ihr Leben. Nach Rückkehr ihres ältesten Sohnes Hans Jürgen aus dem 1. Weltkrieg zog sie sich in das bescheidenere Guthaus in Klein Krössin zurück, und hatte nun Muße, sich mit theologischen und sozialen Fragen zu beschäftigen. Viel diskutierte sie mit ihrem benachbarten Vetter Ewald von Kleist aus Schmenzin (Smecino) und dachte über die Rolle ihrer Gesellschaftsschicht unter den neuen demokratischen Bedingungen nach. Daraus entstand ihr Buch "Die soziale Krise und die Verantwortung der Gutsbesitzer".
Ruth von Kleist-Retzow und ihre Verwandtschaft hatten ein feines Gespür für politischen Anstand, verabscheuten die Nationalsozialisten von Anfang an und wagten ihr Leben im Widerstand. Ruth gehörte der Bekennenden Kirche an und wurde eine enge Freundin Dietrich Bonhoeffers, der häufig Gast in Klein Krössin war und ungestört an seiner "Ethik" arbeitete. Durch ihre Vermittlung wurde er in die Kreise der Verschwörung gegen die deutsche Regierung eingeführt. Ihr Leben und Wirken ist in einem Buch beschrieben: "Matriarchin im Widerstand", das demnächst auch auf Polnisch herauskommen wird.
Das Kriegsende erlebte Ruth von Kleist-Retzow in Kieckow, wo sie nach schwierigem Erleben im 79. Lebensjahr am 2.10.1945 starb.
 
   

Die weiteren Texte werden ergänzt.

 

KIECKOW frühere Besitzer Gut Kieckow Kirche, Friedhöfe Klein Krössin nach 1945 weitere Aktivitäten Matriarch
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