Zur Geschichte des Familienverbandes derer v. Kleist

 

Die erste Erwähnung der beabsichtigten Gründung eines Familienverbandes findet sich in einer Notiz in den Erinnerungen von Varnhagen von Ense vom 23. Juni 1855. Er berichtet über ein Gespräch mit dem Grafen Wilhelm Bogislaff Kleist vom Loß, der erklärt, der König habe es abgelehnt, ihn zum Mitglied des Herrenhauses zu ernennen, falls er von den Familienmitgliedern als Vertreter der Familie gewählt würde.

Die ursprüngliche Gründung des Familienverbandes steht im Zusammenhang mit der am 18. Juli 1857 erfolgten Verleihung des Präsentationsrechts zum preußischen Herrenhaus, wobei die Wahl von allen Familienmitgliedern vorzunehmen war, die in Preußen mit einem Rittergut angesessen waren. Kurz Zeit vor der Verleihung des Präsentationsrechts fand am 2. Juni 1857 auf Initiative von Adolph v. Kleist der erste Familientag in Stettin statt, wie in seiner Biographie in der Familiengeschichte berichtet wird. Auf diesem Familientag wurden u.a. die Ausarbeitung eines Statuts und die Erstellung einer Familiengeschichte beschlossen, wie sich aus Zeitungsberichten u. a. in der Norddeutschen Zeitung, Stettin, im Jahr 1857 und in der Kreuzzeitung im Jahr 1858 ergibt. Die öffentliche Ausschreibung für die Erstellung erfolgte am 16. Juni 1857.

Als erster Vertreter der Familie im Herrenhaus wurde durch Erlass vom 1. Februar 1858 Hans Hugo v. Kleist - Retzow auf Lebenszeit berufen. Er trat diese Aufgabe am 2. März 1858 an. (Handbuch des Herrenhauses). Die Wahl durch die mit einem Rittergut in Preußen angesessenen Kleiste muss nach dem 18. Juli 1857 (Verleihung des Präsentationsrechts) und vor dem  1. Februar 1858 erfolgt sein. Nähere Angaben zu diesem Familientag enthält die Familiengeschichte nicht.

Auf dem  Familientag am 9. März 1858 in Berlin, den das Urkundenbuch als 4. Familientag bezeichnet, wurde das Statut beschlossen, das einerseits das Wahlverfahren für die Präsentation eines Kandidaten für das Herrenhaus regelte, andererseits die Wahl eines Vorstands und die jährliche Abhaltung von Familientagen vorsah. Teilnahmeberechtigt waren alle lehnsfähigen Familienmitglieder. Es wurde gemäß dem Statut ein fünfköpfiger Vorstand gewählt. Hans Hugo wurde erster Vorsitzender des Familienverbandes. Eine Liste aller männlichen Familienmitglieder, die in diesem Zusammenhang aufgestellt wurde, war noch lückenhaft. Am 16. Mai 1859 erfolgte die landesherrliche Bestätigung des Statuts. 

Die 1857 ausgeschriebene Familiengeschichte ist in mehreren Bänden von 1862 bis 1886 erschienen.

1883 feierte die Familie 25 Jahre Präsentationsrecht und 25 Jahre Tätigkeit ihres Vorsitzenden. Höhepunkt der Feier war ein Empfang beim Kaiser am 10. März 1883. Hierzu erschien ein ausführlicher Bericht in der Kreuzzeitung. 1908 feierte die Familie 50 Jahre Präsentationsrecht.

Das älteste noch vorhandene - gedruckte - Protokoll (Band mit allen vorhandenen älteren Protokollen) stammt von 1876, die älteste Adressenliste von 1892. Bereits 1888 führte ein genealogisches Taschenbuch alle Familienmitglieder auf der Basis der Erkenntnisse der gerade fertiggestellten Familiengeschichte auf, was nur mit Hilfe des Familienverbandes möglich war. Ab 1914 liegen alle erschienenen Protokolle, ab 1934 die an deren Stelle getretenen Nachrichtenblätter vollständig vor. Das letzte Nachrichtenblatt aus der Zeit vor 1945 stammt von 1944. Daneben liegen für die Zeit vor dem ersten Weltkrieg verschiedene Presseveröffentlichungen u. a. in der Kreuzzeitung und im Adelsblatt über verschiedene Familientage sowie 2 Fotos von den Familientagen 1908 und 1909 in der Zeitschrift Sport im Bild vor.

Der letzte Vertreter der Familie im Herrenhaus war der General Georg v. Kleist, Wusseken. Von ihm stammen mehrere die Familie betreffende Veröffentlichungen, unter anderem ein Lexikonartikel über die Familie und ein Text über die Teilnehmer der Familie am 1. Weltkrieg.

Seit 1933 war Ewald v. Kleist, Wendisch - Tychow, Vorsitzender. Er nutzte das Nachrichtenblatt, um Vorarbeiten für eine Fortsetzung der Familiengeschichte zu beginnen und eingehende Beiträge zu drucken, und Familienurkunden und Bilder zu sammeln, die er im Pommerschen Provinzialarchiv deponierte. Der Verbleib dieser Objekte ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht bekannt.

Das erste Nachrichtenblatt nach Ende des 2. Weltkriegs in einer Auflage von wenigen Exemplaren stammt von 1. November 1945. In den nächsten Jahren erschienen in regelmäßigen Abständen weitere Nachrichtenblätter mit aktuellen Informationen zum Schicksal der Familienmitglieder in den letzten Kriegsjahren und nach Kriegsende.

Der erste Nachkriegs - Familientag fand am 1. Oktober 1955 in Bonn statt. Zum Vorsitzenden wurde Berndt v. Kleist gewählt, der seit 1933 dem Vorstand angehörte und seit 1945 regelmäßig die Nachrichtenblätter herausgegeben hatte. Er hat dieses Amt bis 1972 ausgeübt. 1955 wurde erstmals eine Frau in den Vorstand gewählt. Berndt hat die Grundlage für den Aufbau eines neuen Familienarchivs gelegt. In seiner Amtszeit sind auch die Arbeiten für eine Fortsetzung der Familiengeschichte begonnen worden. Unter seinem Nachfolger Karl Wilhelm v. Kleist konnte die Stadt Hamm 1979 dafür gewonnen werden, in ihrem Stadtarchiv dem Familienarchiv eine Bleibe zu geben. (Die Bestände des Familienarchivs und ihre umfassende - inzwischen elektronisch verfügbare - Erschließung sind Voraussetzung und Grundlage der Internet-Seiten)

Der erste Teil der Fortsetzung der Familiengeschichte, von Berndt und Diether v. Kleist verfasst, erschien 1971, 1980 erschien die vollständige Fortsetzung, im zweiten Teil bearbeitet von Hans Wätjen.

Heute steht die vollständige Familiengeschichte im Internet zur Verfügung, die Familiengeschichte bis 1880 auch in einer aktualisierten Fassung.

Auf dem Familientag 1957 wurde eine neue Satzung beschlossen, die inzwischen mehrfach geändert wurde, zuletzt 2022

Seit 1963 hat der "Familienverband derer v. Kleist" die Rechtsform eines beim Vereinsregister eingetragenen rechtsfähigen Vereins.

Der Verein hat seit 2013 seinen Sitz in Hamm und ist beim Amtsgericht Hamm im Vereinsregister eingetragen.

Familientage (vereinsrechtlich Mitgliederversammlungen) finden alle zwei Jahre statt.

1989 feierte die Familie ihr 700-jähriges Bestehen in Hamm, dem Ort des Familienarchivs. Dort wurden inzwischen zwei weitere Familientage jeweils im Zusammenhang mit Ausstellungen im Archiv durchgeführt.

Mit der Wiedervereinigung ergab sich die Möglichkeit, Kontakte zur Kleist-Stadt Frankfurt/Oder und insbesondere zum Kleist-Museum aufzubauen. Zwei Familientage haben daher in Frankfurt/Oder stattgefunden, zuletzt im Jahr 2003.

Die Familie hat zur Zeit etwa 300 Familienmitglieder.